Verkehrsbildung anders gedacht

- Zurück zur Übersicht

Auf dem Weg zur Fahrradfreundlichsten Schule 2023 hat der Lehrer Axel Hauser einige interessante Projekte rund um das Thema Verkehrsbildung umgesetzt. Wie es dazu kam und was noch kommt, erzählt er im Interview.

Facts zu Axel Hauser:

  • Ausgebildeter Maschinenschlosser 
  • zweiter studierter Beruf Sport und Technik-Lehrer
  • Trainer und Leiter einer MTB Rennmannschaft 
  • Lehrer an der Realschule Oberkirch mit Projekten im Bereich Radwerkstatt, Fahrtechniktraining und Verkehrserziehung
  • Bike-Pool Referent am Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung in Ludwigsburg
  • Referent für die Baden-Württembergischen Radsportverbände
  • Ausbilder und Fortbildner für Lehrer im Bereich Radsport in der Schule
  • Entwickler Ausbilder Schülermentoren-Ausbildung Radsport in Baden-Württemberg
  • Verkehrsbeauftragter der Schule
     

1. Worum geht es bei Ihrem Projekt zum Thema Fahrrad fahren?

An unserer Schule laufen mehrere Projekte zum Thema Radfahren. Ein wichtiges Projekt ist der Radsportunterricht der Klassenstufe 5 im regulären Sportunterricht. Hier wird den Schülern beigebracht, wie man richtig auf dem Fahrrad fährt. Man könnte auch sagen, es wird ein elementarer Bereich der Verkehrserziehung abgedeckt. Außerdem haben wir für alle Klassenstufen zwei Mountainbike Arbeitsgemeinschaften, in welchen die Schüler*innen das Fahren im Gelände und die entsprechenden Fahrtechniken erlernen. Für die Technikbegeisterten bieten wir auch eine Werkstatt Arbeitsgemeinschaft an, in der wir die Bikes der Schule warten und wichtige Fertigkeiten im Umgang mit der Fahrradtechnik vermitteln. Last but not least haben wir ein Erasmus Projekt, bei dem wir mit Schulen im europäischen Raum (Spanien, Griechenland und Litauen) kooperative Projekte durchführen.


2. Es kommt sicherlich nicht von irgendwo her, dass Sie solch ein Konzept entworfen haben. Wie sind Sie selbst zum Fahrradfahren gekommen?

Ich selbst bin leidenschaftlicher Sportler und Radfahrer und habe festgestellt, dass immer weniger Schüler vernünftig Radfahren können. Hier wurde der Gedanken geboren, dass wir als Schule dies auch als unseren Bildungsauftrag verstehen müssen. Bei meiner Schulleitung bin ich mit dieser Idee auf offene Ohren gestoßen und habe mit meinem Händler und KTM tolle Unterstützung erfahren dürfen.


3. Was hat Sie bewogen, Fahrradfahren in Ihren Unterricht einzubauen?

Im Bildungsplan in Baden-Württemberg gibt es schon länger das Thema „Rollen, Fahren und Gleiten“ im Sportunterricht. Leider scheitert die Umsetzung an anderen Schulen immer wieder an der fehlenden Infrastruktur. Hier haben wir an unserer Schule in den letzten Jahren sehr viel Geld und Zeit investiert, um diese aufzubauen und schätzen uns glücklich, das Radfahren nun so umsetzen zu können. Die Begeisterung unter den Lernenden ist riesig, was sich in den hohen Anmeldezahlen widerspiegelt.


4. Was ist Ihre persönliche Philosophie hinter dem Fahrradfahren bzw. Ihr Zugang dazu?

Radfahren erweitert den Horizont und den Bewegungsraum der Heranwachsenden. Das Fahrrad ist das erste wirkliche Fortbewegungsmittel, mit dem sich die Schüler*innen über weite Strecken fortbewegen können. Kinder werden eigenständig mobil und können sich den Lebensraum neu erschließen. Hier ist es wichtig, dass man den Kindern den richtigen Umgang mit auf den Weg gibt, damit sie sich auch sicher fortbewegen können.  Außerdem werden wichtige koordinative und konditionelle Fähigkeiten und Fertigkeiten erworben.


5. Worin sehen Sie den Nutzen eines solchen Projektes?

Den hauptsächlichen Nutzen sehe ich darin, dass wir die Kinder befähigen, sich sicher mit dem Rad fortbewegen zu können. Außerdem vermitteln wir den Spaß am Radfahren und jeder begreift, dass die Möglichkeiten zur Fortbewegung nicht auf den öffentlichen Personennahverkehr oder das Automobil begrenzt sind. 


6. Wie kommt der Fahrradunterricht bei den Kindern an?

Die Begeisterung ist so groß, dass es kaum Krankmeldungen im Radfahrunterricht gibt. Die Kinder freuen sich immer über die Gelegenheit, das Radfahren richtig zu erlernen. Die meisten Eltern können dies nicht leisten, da das moderne Fahrrad ihre technischen Kompetenzen übersteigt. Außerdem besitzen die Eltern oft nur wenige Kenntnisse über die richtigen Fahrtechniken, sowie das Regelwerk auf der Straße und im Wald. 


7. Die Realschule Oberkirch wurde in Deutschland als fahrradfreundlichste Schule 2023 ausgezeichnet und das Konzept von der Unfallkasse Baden-Württemberg ebenfalls prämiert. War es einfach, andere von Ihrem Projekt zu überzeugen?

Unser Konzept ist über die Jahre gewachsen und hat sich dem Bedarf der Schule immer weiter angepasst. Durch die Unterstützung vieler Beteiligten kann an der Realschule Oberkirch eine ganze Palette an Radprojekten angeboten werden. Sobald Außenstehende die Projekte und die Infrastruktur im Original sehen, ist die Begeisterung sofort zu sehen. Große Überzeugungsarbeit ist dann nicht mehr zu leisten.


8. Wie wird das Angebot an anderen Schulen angenommen?

Pro Jahr sind ca. 200 Kinder auf den Mountainbikes unterwegs. Im Radfahrunterricht der Klassenstufe 5 werden zwischen 120 und 130 Schüler erreicht. In den anderen Projekten rund um das Fahrrad sind weitere 70 bis 80 Schüler beteiligt. Hier kann man von einer überragenden Bilanz sprechen. Die Gesamtschülerzahl der Schule liegt im Bereich 750 Schüler*innen.


9. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Viele begeisterte und motivierte Schüler*innen, Kolleginnen und Kollegen, die mit Freude die Projekte unterstützen. Außerdem freue ich mich darüber, dass wir mittlerweile jahrelange Partnerschaften mit Herstellern und Händler haben, die uns sicherlich auch beim weiteren Ausbau der Projekte unterstützen. Ein weiteres Projekt könnte sein, die anderen Schulen im Ort für ein Gesamtkonzept zu gewinnen. 


Autorin: Cornelia Urkauf